Gesellschaft

Männer sind mitgemeint

Frauenpower

Kürz­lich gab es wie­der ein­mal ein Plä­doy­er gegen eine gen­der-gerech­te Spra­che. Stein des Ansto­ßes war das gene­ri­sche Mas­ku­li­num, also die Art von Aus­sa­gen, bei denen frau mit­den­ken müs­se, Frau­en sei­en mit­ge­meint. Glück­li­cher­wei­se kann frau auch selbst Din­ge (be-)denken:

„Stu­di­en“ — so der Arti­kel — die beleg­ten, dass das gene­ri­sche Mas­ku­li­num mas­ku­li­ne Wel­ten asso­zi­ie­ren lie­ße, „sei­en dürf­tig“. Und es sei die ent­spre­chen­de The­se — man lese und stau­ne — „[…] schon vom Stand­punkt des gesun­den Men­schen­ver­stan­des aus kaum glaub­wür­dig“.1 Und war­um das? Nun, „(es) wider­sprä­che jeder Erfah­rung, dass Sät­ze mit Per­so­nen­be­zeich­nun­gen […] ‘Bil­der im Kopf’ erzeu­gen“.

Damit haben wir ein Fal­si­fi­ka­ti­ons­kri­te­ri­um — vom Dis­pu­tan­ten selbst in den Dis­kurs ein­ge­führt, näm­lich die eige­ne Reak­ti­on im Kopf. Wenn es also hei­ße, ‘die Zuschau­er klatsch­ten’, dann den­ke frau eher an eine „bun­te Men­ge“; wenn sie sage, sie müs­se zum Arzt, dann erzeu­ge das „[…] alle mög­li­chen Gedan­ken, aber wohl kaum die Vor­stel­lung [eines männ­li­chen] Dok­tors“ etc. etc.

Wirk­lich inter­es­sant wäre jetzt die Gegen­pro­be. Was wür­den wir asso­zi­ie­ren, wenn wir einen kon­se­quent weib­lich geschrie­be­nen Text läsen, der nur das gene­ri­sche Femi­ni­num und alle ande­ren weib­li­chen For­men ver­wen­de­te. Geht nicht? Weil: Gibt’s nicht?

Doch! Und dabei mei­ne ich gera­de nicht den kürz­lich ver­fass­ten Gesetz­ent­wurf in weib­li­cher Form, der dann vom Kabi­nett doch in männ­li­cher Ver­si­on ver­ab­schie­det wur­de, weil er als Gesetz in weib­li­cher Form nicht ver­fas­sungs­kon­form wäre. Nein: es gibt ein viel bes­se­res Bei­spiel!

Ann Lecki: Die Maschinen
Der Sci­ence-Fic­tion-Roman ‘Die Maschi­nen’ von Ann Leckie wur­de schon im eng­li­schen Ori­gi­nal kon­se­quent femi­nin geschrie­ben: ‘The lieu­ten­ant fought, alt­hough she was exhaus­ted’. Bern­hard Kem­pen hat die­se Hal­tung kon­se­quent ins Deut­sche über­tra­gen, auch mit dem gene­ri­schen Femi­ni­num. So kann es also jede Lese­rin am eige­nen Lei­be erle­ben: Es ent­steht ein Aben­teu­er der Frau­en. Män­ner sol­len zwar mit­ge­meint sein, sie tau­chen aber asso­zia­tiv nicht auf.

Und umge­kehrt sol­len Frau­en sich sicher sein, dass sie, wenn sie mit­ge­meint sind, auch asso­zia­tiv prä­sent sind? Nicht wirk­lich, oder? Ich jeden­falls zie­he zwei Schlüs­se:

Denn ich als Mann darf es anstands­los sagen: Män­ner sind mit­ge­meint.


Und in welchem größere Zusammenhang …

… steht die­ser Text? Nun, mein Leben ist ein­ge­bet­tet in freie Soft­ware, Natur und Musik. Manch­mal fin­de ich da absei­ti­ge­re Wege und Tools, die es trotz­dem wert sind, geteilt zu wer­den. Und sei es nur mit mei­nem ver­gess­li­chen zukünf­ti­gen ‘ich’. Dem ich ger­ne immer wie­der ein­mal ein Stra­to über die Shell ans Herz lege. Oder pas­send erwei­ter­te Edi­to­ren. Oder uralte Vor­ar­bei­ten. Manch­mal möch­te ich die­ses ‘ich’ aber auch nur an Hal­tun­gen, Stand­punk­te und Ein­stel­lun­gen erin­nern. Damit ich nicht hin­ter mich zurück­fal­le. Denn gesagt ist gesagt. Dar­um geht es auch in hier.


Im Übri­gen: Män­ner sind mit­ge­meint.

  1. vgl. Tobi­as Kur­fer: Argu­men­te gegen das Gen­dern, die Sie anders­wo nie lesen, Welt Online, 2021-04-23 Opps: Wer also sagt, das gene­ri­sche Mas­ku­li­num sei nicht imma­nent gen­der­neu­tral, hat einen kran­ken Men­schen­ver­stand? Echt jetzt? []
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