‘Wird das ein Fertighaus?’ Eine häufige Frage. Und was antworten wir? Irgendwie schon. Aber irgendwie auch nicht: Ja, die Bohlen, Bretter und Balken werden im Werk per CNC vorgefertigt. Mit allen Nuten, Federn und Rillen automatisch zugesägt, besser: gefräst. Ein plangemäß vorgefertigtes komplettes Holzhaus, in Ständerbauweise für Hohenahr-Altenkirchen. Also ist es irgendwie fertig. Aber angeliefert wird ein Haufen nummerierter Teile:
Vor Ort muss noch jeder Balken mit anderen zusammengesteckt, jedes Brett und jede Bohle des Holzrahmenbaus händisch verschraubt werden. Also doch nicht fertig. Obwohl werkseitig perfekt zugeschnitten, wächst unser Haus doch schrittweise, Hölzchen für Hölzchen und Stöckchen für Stöckchen — von der Bodenplatte aufwärts auf maßgenau aufgeschraubten Bohlen.
So ein Verfahren hat Vorteile: Geringere Lager- und Anlieferungskosten. Genauere Vorfertigungen. Schnellere Abrufbarkeit. Und doch bleibt es echtes Handwerk. Die Zimmerfrauen brauchen dafür natürlich einen sehr genauen Plan. Jedes Stück hat seine Nummer, seinen bestimmten Platz. Alles ist vorgesehen, alles kann nachgelesen werden. Sonst wäre es ja nur ein überdimensioniertes Puzzle.
Und anhand des Planes geht es aufwärts: erst die Außenpfosten, dann die Fensterfront und die Innenstreben, bis das Skelett des Hauses steht. Schließlich die Wandbeplankung, die Zwischendecke und der Dachstuhl mit seinen ‘Fetten’, den riesigen Querbalken, die zuletzt auch unsere Terrasse erahnen lassen. Hier die Bilder dazu.
Deren Vielfalt gibt mir die Gelegenheit, zwischendrin und nebenbei von der Aufregung des Tages zu erzählen. Vom Unterschied zwischen Architekten- und Ausführungsplan. Denn das sind tatsächlich zwei verschiedene Sachen. Hat man uns auch gesagt. Haben wir aber nicht verstanden. Und so kann der Unterschied die Baufrau — wenn sie ihn denn nicht kennt — gehörig ins Schwitzen bringen:
Wie, die begehbare Ankleide ist doch nur 1,55m breit? Wir hatten doch mit dem Architekten die Wände hin- und hergeschoben, bis wir wenigstens 1,60m erreicht hatten. Und auch damit würden wir gelegentlich noch den schönen Hintern in die Pullover stecken müssen, um uns gegenüber die passenden Schuhe heraussuchen zu können. Und warum jetzt die schmalere Tür ins Bauherrenbad? Was ist denn da los? Wir haben uns doch schon die Küche zum Plan gekauft und die Bäder eingelagert. Was, wenn die jetzt nicht mehr passen? Und überhaupt, warum jetzt die vielen kleinen Unterschiede?
“Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind, in dürren Plänen säuselt der Wind.” So spricht sich die Baufrau Mut zu. Und daran tut sie gut. Denn alles hat seine Ordnung. Wie immer beruht die Verwirrung auf kommunikativen Irritationen. Die Frau hatte die Raumgrößen mit dem Architekten abgestimmt, hatte tatsächlich mit den Wänden jongliert, um die optimalen Größen hinzubekommen. Sie kann sich Sachen halt exzellent vorstellen, die Baufrau. Sie kann in Zentimetern denken. So hatte sie natürlich ein genaues Bild gewonnen. Mehr noch: Sogar eine entsprechende Küche gekauft. Und besagte Bäder geplant und einlagern lassen.
Was die Baufrau aber nicht (mehr) wusste, war, dass sich die Auswirkungen des Architektenplans immer noch ändern. Wenn er fertig ist, meldet sich nämlich noch die Statik zu Wort. Sie möchte aus gewichtigen Gründen hier und da einen stabileren Balken haben. Besser ist das. Und an anderen Stellen müssen Wände aus energetischen Gründen verdickt werden. Auch nicht unwichtig. Schließlich wäre da noch die Wandgestaltung: Welche Fliese? Wie stark? Welcher Aufputz? Welches Design? Die Architektin plant in dieser Hinsicht besser ’nur’ mit Erfahrungswerten. Denn wie soll die Baufrau zu diesem Zeitpunkt schon alle Details entscheiden (können)?
Also müssen diese ’nachträglichen’ Gestaltungsfaktoren irgendwo zusammengeführt werden. Und wo? Genau. Im Bauausführungsplan! Unser Architektenplan wies sogar explizit darauf hin: “Kein Ausführungsplan” hieß es da. Und gesagt hatten es uns das S und das G von S&G‑Projektbau vorher auch: Nach der Architektenplanung kommt noch der Bauausführungsplan. Nur verstanden hatten es Baufrau und Bauherr nicht.
Mündete das bei uns in ein Drama? Gefühlt schon. Als ich die unterschiedlichen Größen im Architektenplan und im Bauausführungsplan begriffen hatte, wurde mir mulmig. Würden die schon gekauften Bäder überhaupt noch passen? Wäre eine Durchgangsbreite von 73cm ins Bad des alten weißen Mannes genug? Auch später mal, unter ungünstigeren Umständen? Und könnte sich die Frau an ihrem begehbaren Kleiderschrank überhaupt erfreuen, wenn sie nur 65cm hätte, um sich zu drehen und zu wenden?
Nun, die Baufrau ist schlank und schön. Sie werde dafür schon eine Lösung finden, meinte sie. Meine jetzige Tür ins Bad ist nur 66cm breit, also wird es mit 73cm auch gehen. Ein Standardrollstuhl ist 70cm breit. Das passt also auch noch unter ungünstigeren Umständen. Unsere Küche wird eine U‑Form haben, die Bäder hängen in sich eh nicht zusammen.
So war das Ganze zuletzt ’nur’ ein Drama im Kopf. Aber gut, dass wir ihm jetzt begegnet sind. Auf diese Weise konnte ich konkret sehen, dass die Wände der Ankleide wirklich 1,60m auseinander lagen, nur ohne Wandbeplanung eben. Ich konnte sehen und fühlen: Alles in Ordnung!
Und hier noch ein paar Zwischenstationen, optisch dokumentiert. Die Baufrau schwelgt in Freude:
Und in welchem Zusammenhang …
.. steht das mit unserem kommenden Dorfleben in ‘Lovely Altenkirchen’? Nun, zuerst mussten wir unser Grundstück vorbereiten, dann das Schotterbett für die Bodenplatte, um darauf den Holzrohbau und den Dachstuhl zu setzen, um danach die Fenster einzubauen, die Fassade anzubringen und das Innen auszubauen, erst roh, dann trocken, dann fein — mit Anschluss ans Gemeindenetz. Denn es sollte eine schöne, eine und naturnahe neue Wohnstatt werden. Eingebettet in einen Permakulturgarten. Um zügig unser Ziel zu verwirklichen. Unseren Wunsch nach einem etwas friedfertigeren Zusammenleben in und mit einer dörflichen Natur — eben der von Hohenahr-Altenkirchen.
Im Übrigen: Männer sind mitgemeint.