Der Termin der Hausübergabe steht. Noch. In wenigen Tagen. Hoffentlich. Entsprechend wächst die Hektik auf der Baustelle. An allen Ecken und Enden. Obwohl es doch so einfach hätten sein sollen:
Denn nach dem Trocknen des Estrichs stand ja nur noch wenig aus. Über zwei Wochen war das Haus auf 50° aufgeheizt worden. Per Baustrom, Maschine und Rohren der Fußbodenheizung. Die funktionierte also schon ‘mal. Ein erfolgreicher Praxistest. Wenn dann ‘mal die Wärmepumpe angeschlossen sein würde.
Auch die Elektrokabel waren in den Wänden gezogen. Die Zwischenräume musste also noch verfüllt und mit OSB- und Rigipsplatten verschalt werden. Dann sollte alles verspachtelt werden, bis hin zum Q3-Standard. Wir hatten eine Stelle schon mal vorfühlen dürfen. Glatt. Sehr glatt. So glatt wie es mit der Verspachtelung überhaupt lief. Nur eben leider auch langsamer als gedacht. Arrg.
Aber unser Elektriker konnte die Situation entlasten: In einer Nachtaktion — bis morgens um 07:30, kein Witz — pulte er die Kabel wieder — wie geplant — aus den Wänden und setze die ‘Unterputz’-Dosen — aufwendig per Laser in eine Reihe. Gut für’s Auge der Baufrau. Für den Bauherren überraschend, dass Unterputzdosen auch dann Unterputzdosen heißen, wenn die Wände gar nicht verputzt, sondern nur verschalt werden. Jedenfalls konnten die Trockenbauer mit dieser nächtlichen Zuarbeit ungestört weiterarbeiten. Denn der Übergabetermin für das Haus stand und steht ja ja noch.
Die nächste Aufregung kam mit dem Kamin: unser Ofenbauer hatte uns nicht mehr ganz genau auf dem Schirm. Arrggh. Zu viele Aufträge. Zu große Lieferverzüge. Irgendwie waren wir hinten ‘runtergefallen. Der Bauherr schob hörbar Panik. Die Ofenbauer sahen es ihm nach. Dankenswerterweise. Und unser Bauträger redete mit Engelszungen. Am Ende eines aufregenden Tages gab es einen neuen Plan. Wenigstens der Schornstein würde rechtzeitig zur Übergabe eingebaut und das Dach wieder gedeckt sein. So weit, so gut.
Eines hatte die Baufrau von Anfang an gesagt: Wenn sie schon Holzhaus baue, dann wolle sie endlich in die Decke eingelassene Gardinenschienen haben. Dafür bräuchten wir nur mit den Trockenbauern zu reden, hieß es. Mitte der Woche sahen wir den ersten Aufschlag. Schick. Nur zu kurz. Auch aufgezogen hätten Gardinen so noch vor den Fenstern gehangen, und nicht neben dran. Arrrggh. Ok, dann würden die Schienen eben verlängert. In einem Holzhaus sei schließlich nix in Stein gemeißelt. Da kann man nachzeichnen.Zwei Tage später waren die Schienen rechts und links verlängert, um je 10cm. Allerdings gab es rechts und links nun einen Versatz in der Rille, über den wir die Gardinen nicht hätten reibungslos ziehen können. Arrrggghh. Also noch einmal vor vorn. Die Baufrau suchte sicherheitshalber noch einmal alle Anleitungen aus dem Internet heraus. Und unser Bauträger besprach es noch einmal mit den Trockenbauern. Gut Ding will eben Weile haben.
Um die Zeit einzuholen, würden jetzt parallel die Fliesen gelegt werden. Über das Wochenende. Hieß es. Die Sanitärfirma habe die Fliesen auch vorrätig. Wie lange zugesagt. Nur lagen die dann leider in einer so weit entfernten Filiale, dass sie nicht mehr passend zum Wochenende hätten angeliefert werden könnten. Arrrrggghh. An dieser Stelle war auch der Bauträger ungeduldig geworden. Jedenfalls klangen seine Voicemessages nicht mehr ganz so entspannt. So organisierte er bei einem anderen Fachgeschäft Ersatz. Jetzt mussten Baufrau und Bauherr allerdings noch schnell am Abend die Wahl begutachten. Dieses andere Geschäft sei auch nicht so weit weg von unserem Zwischenwohnort. Ganz anders die Baufrau, die gerade auf Seminar war. Arrrrggghhh. Also telefonieren. Umplanen. Hinfahren. Fliesen begutachten. Und siehe da: sie waren schöner und günstiger, als die bisher ausgesuchten. So hätte es weitergehen können. Hätte.
Am Montag nach dem Fliesenwochenende wollte die Baufrau noch ‘mal zur Baustelle. Gut, das Verspachteln war vorangekommen. Sogar mit der Farbe ging es los. Und die Fliesen waren geliefert. Aber doch noch nicht an der Wand. Trotzdem meinte ein Trockenbauer freudig, das Parkett werde auch Anfang Dezember fertig. Das wäre allerdings vier Tage nach geplanter Hausübergabe, wie eine einfache Rechnung ergab. Arrrrgggghhh. Die Baufrau erstarrte. Sie konnte gerade noch murmeln, dass das Haus aber Ende November übergeben werden müsse. Und zwar fertig.
Langsam lagen bei allen Beteiligten die Nerven blank.
Zwei Tage später whatsappte unser Bauträger. Ob das Parkett nicht vielleicht doch erst später gelegt werden könne. Arrrrgggghhhh. Abgeschnitten auf Geschäftsreise schob jetzt wieder der Bauherr Panik. Er wusste, was an dem Termin hing. Wie viel die Baufrau schon entsprechend organisiert hatte. Das Umzugsunternehmen war für die Woche danach gebucht und bezahlt. Die Sondermöbel würden kurz nach der Übergabe geliefert und eingebaut. Die Küche zwei Tage vor Einzug montiert. Und bis dahin müsste das Haus doch auch gereinigt, Parkett und Fliesen verlegt und die Elektrogeräte montiert sein. Panisch jonglierte der Bauherr mit Optionen. Gab es überhaupt noch einen Ausweg?
Dem nahm sich die Baufrau an. Ein kleines Gespräch mit dem Bauträger. Der sah sofort, dass da keine Luft mehr war. Und eine überlappende schrittweise Übergabe sei ja auch für alle unbefriedigend, meinte er. Also werde er noch einen Bautrupp organisieren. Und es bliebe bei der geplanten Übergabe. Das nennt man Kooperationsbereitschaft. Wir waren immer noch in den richtigen Händen! Panik ist Unruhe im Kopf. Der Bauherr hatte eine nächste glückliche Nacht.
Am Morgen danach war es allerdings mit der Ruhe schon wieder vorbei: Die Wärmepumpe werde gerade angeschlossen, hieß es. Bzw. eben nicht angeschlossen. Weil der Elektriker mit dem Kabel nicht durch das Leerrohr unter der Bodenplatte käme. Arrrrrggggghhhh.
Es bleibe nur noch, ein Rohr durchs Dach zu ziehen. Die Baufrau müsse sofort kommen und sich die Sache ansehen. Der Bauherr starrte stumm, in dem ganzen Raum herum. Was war die Ursache? Eine Wärmepumpe ist ein umgekehrter Kühlschrank. Das ‘Kühlmittel’, will sagen: das Verdichtungsgas darf nicht durch Rohre mit 45° Knicken geführt werden. Weil es sich dort sammeln könne. Irgendwie war diese Bedingung bei den Erdarbeiten nicht angekommen. Die Baufrau telefonierte. Und unser Bauträger würde nun im großen Schwung ein rundes flexibles Rohr von der einen Hausseite über den Dachboden in den Hauswirtschaftsraum führen. Eventuelle Konsequenzen werde er direkt mit unserer Erdarbeiterin klären. Und er werde das Rohr auch korrekt verkleiden, thermisch und optisch, meinte er. Der Bauherr erwachte aus seiner Schockstarre: Wir waren in den richtigen Händen.
So werden wir also ein leeres Leerrohr unter dem Haus haben. Das hat den Kollegen des Bauherrn im Wiener Großraumbüro sehr gefallen. Shit happens, meinten sie. Und es sei doch gut, so ein Leerrohr für später in der Hinterhand zu haben, meinte der eine. Oder wir könnten das doch gleich als eine Mäuseautobahn auslegen. Dann bräuchten unsere Katzen sich nur noch innen vor das Loch zu setzen und sich ihre Snacks ins Mäulchen laufen zu lassen. Das spare doch Katzenfutter. Meinte der andere.
Jetzt kam das ganze Großraumbüro in Wallung. Wir könnten doch auch einen gläsernen Bau für Blattschneiderameisen im Haus verlegen. Da hätten wir unser persönliches Inhouse-Naturkundemuseum. Jedenfalls bräuchten diese Ameisen auch einen Keller, wo sie ihre Pilze züchten. Und dafür sei das Rohr unter dem Haus geradezu ideal. Außerdem könnten wir in der Küche noch einen Ausgang einplanen. Dann fräßen die Ameisen all unsere Krümel weg. Das spare doch Strom für den Staubsauger. Und wir wollten doch etwas friedfertiger mit der Natur leben. Da müsse uns doch so ein biologisch selbstreinigendes Haus nur recht sein. Arrrrrrgggghhh.
Und in welchem Zusammenhang …
.. steht das mit unserem kommenden Dorfleben in ‘Lovely Altenkirchen’? Nun, zuerst mussten wir unser Grundstück vorbereiten, dann das Schotterbett für die Bodenplatte, um darauf den Holzrohbau und den Dachstuhl zu setzen, um danach die Fenster einzubauen, die Fassade anzubringen und das Innen auszubauen, erst roh, dann trocken, dann fein — mit Anschluss ans Gemeindenetz. Denn es sollte eine schöne, eine und naturnahe neue Wohnstatt werden. Eingebettet in einen Permakulturgarten. Um zügig unser Ziel zu verwirklichen. Unseren Wunsch nach einem etwas friedfertigeren Zusammenleben in und mit einer dörflichen Natur — eben der von Hohenahr-Altenkirchen.
Im Übrigen: Männer sind mitgemeint.