2013 diskutierte die OSI mailing list, ob PHP Programme als inherent quelloffene Software gewissermaßen automatisch Open Source Software seien oder möglicherweise auch ‘unechte FOSS’. Es ging sogar feiner noch um die Frage: ‘Ist jedes Programm, geschrieben in FOSS lizenzierten Sprache automatisch auch ‘Open-Source-Software’. Das ist eines kleinen Kommentars wert.
Initial fragt Engel Nyst, ob ‘Open Source is simply open source because it’s written in PHP”. Dann wollte er kritisch der Verneinung in der OSI FAQ nachgehen. Denn diese besage nur, die Implementierung der Sprache sei das eine, der Code der Sprache das andere. Und Nyst erstaunt dann, dass die “[…] FAQ page assumes that the confusion around PHP applications being ‘Open Source’ has anything to do with the license of the language implementation”. Vielmehr gehe es doch darum:
“Is this PHP program Open Source simply because the source of a PHP program is *available*, therefore ‘open’ source?”
Nun, die Diskussion schwenkte schnell auf mögliche sprachliche Verbesserungen in der FAQ um. Was aber wäre der Hintergrund für eine Reformulierung. Wir sehen das so:
Der Interpreter einer Skriptsprache (php, perl, python) ist selbst ein Computerprogram. Seine Entwicklung kann unter eine Open-Source-Lizenz gestellt sein, muss es aber nicht. Auf jeden Fall nimmt jeder Interpreter einen Text (den php‑, perl- oder python-Quelltext) und übersetzt ihn in eine andere Form (in die ausgelieferten HTML-Seiten, in Outputdaten oder ein Computerverhalten). So gesehen, wäre es bei den Interpretern wie bei Word (ähäm): das nimmt auch einen Text (z.B. mein Artikeltemplate), führt darauf Operationen aus (Übersetzung meiner Zweifingerstakserei in Buchstaben) und sichert das Ganze in einer neuen Form (meines Blog-Beitrags). Nur kommt man gemeinhin nicht auf die Idee, zu sagen, dass mein Blogtext deshalb automatisch unter die EULA von Microsoft fiele. Generell gesagt: In der Regel unterliegt weder der Input, noch der Output eines Programms der Lizenz des Programms selbst.
Und so ist das eben auch bei Interpretersprachen: Selbst wenn Programme als offene Softwarequellen vorliegen, sind sie damit nicht automatisch offene Quellsoftware. Sie müssen, wollen sie Open-Source-Software werden, selbst noch unter eine Open-Source-Lizenz gestellt werden. Umgekehrt dürfen wir offen vorliegende Softwarequellen nicht automatisch als Open-Source-Software ‘weiterverarbeiten’, nur weil sie eh schon offen vorliegen. Oder anders gesagt: sie können auch ‘unechte’ FOSS sein.
Und in welchem Zusammenhang …
… steht das mit einer systematischen Erfüllung von FOSS-Lizenzen? Nun, dazu müssen wir halt auch politische Konnotationen bedenken, konzeptionelle und kontextuelle Aspekte analysieren — einzeln oder gemeinsam auf Konferenzen. Wir müssen konkrete Fälle und allgemeine Nebenwirkungen durchdenken, für Software, Bilder oder Dokumente. Wir müssen Trends benennen und Leitfäden erstellen. Vornehmlich aber müssen wir die Automatisierung der Lizenzerfüllung vorantreiben, unser Lizenzwissen frei zur Verfügung stellen, es in kleinere Tools gießen und in größere Systeme einbringen: Denn FOSS lebt von der Freiheit durch Lizenzerfüllung, im Großen und im Kleinen.
Im Übrigen: Männer sind mitgemeint.