Ein Besuch der Extraklasse! Im Dezember 2013 war ich als Speaker auf die FOSSCon 2013 eingeladen. Nach Seoul / Südkorea. Eine außergewöhnliche Ehre … und ein außergewöhnlicher Genuss, selbst wenn ich von Korea wenig, vom Hotel einiges und nur von der Konferenz viel gesehen habe:
Es begann mit einer Keynote von Karsten Gerloff, Präsident der Free Software Foundation Europe, der die politische Arbeit der FSFE erläuterte, insbesondere im Hinblick auf Orderprozesse der öffentlichen Verwaltung. Es wäre komisch gewesen, hätte er nicht über Komplexität gesprochen.
Ähnlich Andrew Wilson: Intel, sein Arbeitgeber, besitze auch ein Open Source Review Board. Allerdings sei es in einer komplexeren Weise in die Produktionswelt der Firma eingebunden, als üblich. Jedes Projekt, das Open-Source-Software einsetze, müsse sich das Approval dieses Boards einholen. Nur geschehe das eben nicht eines Selbstzweckes wegen. Es gehe vielmehr darum, dass das Projekt die Open-Source-Software nicht in einer Weise verwendet, die der Community nicht gefällt. Der Ton sei halt rau da draußen in der Open Source Community. Und so sei es ein echter Vorteil für Intel, wenn ihre Projekte im geschützten Raum eines internen Reviews ’scheitern’ und zur ‘Nachbesserung’ geschickt werden können.
Unser eigenes Thema, der (Telekom) Open Source Compliance Advisor und sein Geschwister, das (Telekom) Open Source License Compendium, fügt sich da nahtlos in diesen Rahmen ein. Es ist schon ein tolles Gefühl, so willkommen geheißen zu werden und mitzukriegen, wie ehrlich das Auditorium verstehen will, wie und warum die Telekom die Tools OSLiC und OSCAd entwickelt hat. Mehr noch: wie und warum wir die beiden selbst als Open-Source-Software freigegeben haben. Klar, dass ich den OSCAd erneut vorgeführt habe. Und ebenso klar, dass dieser Link in Südkorea jetzt herumgeht. Dass es zum OSLiC eine koreanische Übersetzung gibt, ist natürlich ein besonderes Schmankerl.
Ähnlich müssen die Erfahrung im Projekt Genivi sein. Klaus-Peter Wiedemann von Bearing Point stellte es vor. Allerdings arbeiten daran aber viele Firmen mit. Unter anderem auch T‑Systems. Geprägt ist das Projekt von einer komplexen Kooperation. Der Witz ist nur: Es funktioniert. Und zwar umso besser, je weiter der Weg zu einem Open-Source-Projekt zurückgelegt worden ist. Genivi ist ein Projekt, das einen ‘open source software stack’ für ‘Autoindustrie’ entwickelt. Denn — wie soll Dieter Zetsche gesagt haben — heute laufen Autos nicht mehr mit Benzin, sondern mit Software.
Das wiederum passte sehr gut zu dem hellsichtigen Vortrag von Prof. Kern Koh: Firmen transformieren sich in Softwarefirmen und dann in Open Source Softwarefirmen. Sonst scheitern sie. Seine Beispiele — beginnend bei Intel bis hin zu Kodak – waren schon beeindruckend. Für uns Telekom’er gilt das ja auch: selbst als reiner Carrier (der wir nicht sind und nicht sein wollen), wären wir heute trotzdem eine Softwarefirma und nicht mehr eine reine ‚Kabelfirma‘
Besonders komplex für mich waren — Überraschung — alle koreanischen Vorträge. Und die Podiumsdiskussionen am zweiten Tag. Besonders als Teilnehmer. Denn einem koreanischen Beitrag mit koreanischen Folien zu folgen, selbst wenn er simultan übersetzt wird, ist wirklich eine Herausforderung. Aber wie heißt es so schön?
Kein Angst vor Komplexität oder anderen Abgründen!
Und in welchem Zusammenhang …
… steht das mit einer systematischen Erfüllung von FOSS-Lizenzen? Nun, dazu müssen wir halt auch politische Konnotationen bedenken, konzeptionelle und kontextuelle Aspekte analysieren — einzeln oder gemeinsam auf Konferenzen. Wir müssen konkrete Fälle und allgemeine Nebenwirkungen durchdenken, für Software, Bilder oder Dokumente. Wir müssen Trends benennen und Leitfäden erstellen. Vornehmlich aber müssen wir die Automatisierung der Lizenzerfüllung vorantreiben, unser Lizenzwissen frei zur Verfügung stellen, es in kleinere Tools gießen und in größere Systeme einbringen: Denn FOSS lebt von der Freiheit durch Lizenzerfüllung, im Großen und im Kleinen.
Im Übrigen: Männer sind mitgemeint.