Lizenzkonformität Open-Source

CC-BY Bildertrolle

A Troll

Prä­sen­ta­tio­nen ohne Bil­der ner­ven. Dar­um bedie­nen wir uns so gern aus dem Inter­net mit sei­nen vie­len schö­nen Fotos. Nur ist es eben nicht ein­fach, frem­de Bil­der legal in die eige­ne Prä­sen­ta­ti­on ein­zu­fü­gen. Und auf die Ver­let­zung sol­cher Pflich­ten bei frei­en Bil­dern zielt ein neu­er Typ von Troll, der Bil­der­troll.

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Wenn wir Bil­der aus dem Inter­net nut­zen, müs­sen wir die Urhe­ber­rech­te der Male­rin­nen und Foto­gra­fin­nen beach­ten. Genau, wie wir sonst Lizenz­ge­büh­ren an die Patent­in­ha­be­rin­nen zah­len müs­sen, deren Erfin­dun­gen wir nut­zen. Oder wie wir die in den Lizen­zen genann­ten Bedin­gun­gen tat­säch­lich umset­zen müs­sen, wenn wir Open-Source-Soft­ware nut­zen. Nun ist — nach den Patent- und Open-Source-Trol­len — jüngst einer neu­er Typ ent­stan­den, der ‘copy­left-’ oder ‘Bil­der­troll’.[1] Es ist gut zu wis­sen, wie sol­che Trolls arbei­ten und wie wir uns vor ihnen schüt­zen kön­nen.

Oft wer­den freie Bil­der unter einer Crea­ti­ve-Com­mons-Lizenz ver­öf­fent­licht. Die­se ähneln den Open-Source-Lizen­zen: Bei­de fol­gen dem Prin­zip ‘Pay­ing by Doing’. Anstatt Geld dafür zu bezah­len, die Nut­zungs­rech­te zu bekom­men, muss frau hier bestimm­te Din­ge tun. Wel­che Rech­te sie bekommt und was genau sie dafür tun muss, hängt von der jewei­li­gen Lizenz ab. Im Crea­ti­ve Com­mons Bereich gibt es ein recht kom­ple­xes Sys­tem ver­schie­de­ner Lizen­zen[2]. Aber nahe­zu jede davon hat eine ‘BY’-Klausel, die fest­legt, dass die Nut­ze­rin den Namen der Male­rin oder Foto­gra­fin und die Lizenz ange­ben und einen Down­load­link zum Pho­to und zum Lizenz­text mit­lie­fern muss.[3]

Die­se BY-Bedin­gun­gen sei­en — wie der Ent­de­cker der Bil­der­trol­le sagt — ein “set of admi­nis­tra­ti­ve requi­re­ments that are easy to get wrong”.[4] Und genau das ist die ers­te Zutat, die ein gewinn­brin­gen­der Troll benö­tigt: je leich­ter es ist, sol­che Bedin­gun­gen zu ver­feh­len, des­to grö­ßer die Zahl poten­ti­el­ler Opfer.

Die zwei­te Zutat besteht dar­in, dass frü­he­re Ver­sio­nen der CC-Lizenz­ge­büh­ren — wie etwa die CC-BY 2.0- oder die CC-BY 3.0-Lizenz — eine “Termination”-Klausel ent­hal­ten: “This Licen­se and the rights gran­ted hereun­der will ter­mi­na­te auto­ma­ti­cal­ly upon any breach by You of the terms of this Licen­se.”[5] Das besagt, dass Du in dem Moment die Nut­zungs­rech­te ver­lierst, wo Du eine der gestell­ten Bedin­gun­gen unzu­rei­chend erfüllst.

Man kann die Bri­sanz die­ser Klau­sel schon dar­an erken­nen, dass die CC-BY 4.0-Lizenz zwar auch eine sol­che “Termination”-Klausel ent­hält, dass sie aber zusätz­lich die Mög­lich­keit eröff­net, Lizenz­ver­let­zun­gen inner­halb eines bestimm­ten Zeit­raums aus­zu­bes­sern: Die­se Lizenz sagt näm­lich, dass die abge­spro­che­nen Rech­te “[…] rein­sta­tes auto­ma­ti­cal­ly as of the date the vio­la­ti­on is cured, pro­vi­ded it is cured within 30 days of Your dis­co­very of the vio­la­ti­on […]”.[6]

Als drit­te Zutat für sein lega­les, aber unan­ge­neh­mes Geschäft benö­tigt der ‘Bil­der­troll’ eine Metho­de, im gro­ßen Stil die Nut­ze­rin­nen sei­ner Bil­der zu fin­den und deren miss­glück­te Kenn­zeich­nun­gen zu ana­ly­sie­ren. Die auto­ma­ti­sier­te Bil­der­su­che im Inter­net ist eine sol­che mitt­ler­wei­le gut eta­blier­te Tech­nik.

Und als vier­te Zutat benö­tigt der Bil­der­troll einen Rechts­raum, der ihm gro­ße Aus­gleichs­zah­lun­gen für die Ver­let­zung von Nut­zungs­rech­ten garan­tiert — was wenigs­tens in den USA gang und gäbe ist.

Wie also nutzt ein Bil­der­troll die­se Zuta­ten? Er muss eigent­lich nur hüb­sche Bil­der foto­gra­fie­ren und sie in einer gern genutz­ten Bild­da­ten­bank unter einer CC-Lizenz mit ‘Termination’-Klausel ver­öf­fent­li­chen. Damit ist der “honey­pot” ange­rich­tet. Denn nun braucht der Bil­der­troll nur noch im Netz nach sei­nen eige­nen Bil­dern zu craw­len und dort, wo er sie fin­det, zu ana­ly­sie­ren, ob die Nut­ze­rin­nen die Nut­zungs­be­din­gung rich­tig erfüllt haben. Wenn nicht, kann er ein juris­ti­sches Ver­fah­ren gegen sie eröff­nen. Und zumin­dest in den USA spre­chen wir hier von einem gesetz­li­chen Scha­den­er­satz (“sta­tu­to­ry dama­ges”) bis zu $150.000,–.[7]

Was kön­nen wir also tun, um uns vor Angrif­fen schüt­zen, die zwar legal sind, aber irgend­wie auch dem Geist frei­er Kul­tur und frei­er Soft­ware ent­ge­gen­ste­hen?

  • Der bes­te Weg zum gelun­ge­nen Selbst­schutz ist zu wis­sen, unter wel­cher Lizenz ein Bild ver­öf­fent­licht ist, was sie als Gegen­leis­tung erwar­tet, und die­se Bedin­gun­gen dann gewis­sen­haft zu erfül­len.
  • Eine gute Stra­te­gie ist auch, sich auf CC0 lizen­zier­te Bil­der[8] zu fokus­sie­ren, wie sie etwa unter pxhere.com[9] ange­bo­ten wer­den. Denn eine Lizenz, die expres­sis ver­bis nichts for­dert, kann auch nicht dazu miss­braucht wer­den, Dich juris­tisch zu bedrän­gen.
  • Eine etwas schwä­che­re Absi­che­rung bie­tet der Weg, vor­ran­gig CC-BY-xyz 4.0 lizen­zier­te Bil­der wei­ter zu ver­wer­ten.[A] Zwar muss frau die Bedin­gun­gen auch hier gründ­lich und voll­stän­dig erfül­len, aber sie hat doch wenigs­tens die Mög­lich­keit, nach­zu­bes­sern, bevor sie in einen Rechts­streit ver­wi­ckelt wird.
  • Und wenn frau doch CC-BY-xyz 3.0 oder frü­her lizen­zier­te Bil­der ver­wer­ten will — und es gibt vie­le gute so ver­öf­fent­lich­te Bil­der -, dann muss sie die For­de­run­gen der Lizenz selbst lesen und erfül­len, nicht nur die kon­den­sier­te Zusam­men­fas­sung, die die Crea­ti­ve Com­mons Orga­ni­sa­ti­on anbie­tet.

Bil­dur­he­ber­rech­te jedoch kom­plett zu igno­rie­ren und etwas aus dem Inter­net ein­fach so zu abzu­grei­fen, ist der sichers­te Weg, in einen Rechts­streit ver­wi­ckelt zu wer­den — genau­so wie die Ver­wen­dung von Open-Source-Soft­ware ohne Erfül­lung der Lizenz­an­for­de­run­gen oder die Ver­wen­dung paten­tier­ter Tech­ni­ken ohne Zah­lung der Lizenz­ge­büh­ren.


Und in welchem Zusammenhang …

… steht das mit einer sys­te­ma­ti­schen Erfül­lung von FOSS-Lizen­zen? Nun, dazu müs­sen wir halt auch poli­ti­sche Kon­no­ta­tio­nen beden­ken, kon­zep­tio­nel­le und kon­tex­tu­el­le Aspek­te ana­ly­sie­ren — ein­zeln oder gemein­sam auf Kon­fe­ren­zen. Wir müs­sen kon­kre­te Fäl­le und all­ge­mei­ne Neben­wir­kun­gen durch­den­ken, für Soft­ware, Bil­der oder Doku­men­te. Wir müs­sen Trends benen­nen und Leit­fä­den erstel­len. Vor­nehm­lich aber müs­sen wir die Auto­ma­ti­sie­rung der Lizenz­er­fül­lung vor­an­trei­ben, unser Lizenz­wis­sen frei zur Ver­fü­gung stel­len, es in klei­ne­re Tools gie­ßen und in grö­ße­re Sys­te­me ein­brin­gen: Denn FOSS lebt von der Frei­heit durch Lizenz­er­fül­lung, im Gro­ßen und im Klei­nen.


Im Übri­gen: Män­ner sind mit­ge­meint.

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