Auch innen ging im August und September einiges voran — wenn auch langsamer als außen. Anfang Oktober gab es dann den großen Sprung nach vor: als endlich Kabel und Rohre drin waren, als endlich die Dämmung eingefügt und der Estrich gegossen war. Doch der Reihe nach:
Eines war der Baufrau beim Innenausbau besonders wichtig: Körperlich sei sie ja nicht so groß, meinte sie. Trotzdem wolle sie auf keinen Fall im Bad wieder nur so gerade eben in den Spiegel sehen können. Da kenne sie diesmal kein Pardon. Wir müssten das Waschbecken in ihrem Bad doch so anbringen können, dass sie ihren Spiegel darüber so hoch — will sagen: tief — aufhängen könne, wie es ihr passe. Einhelliges Nicken von unserem Bauträger S&G Projektbau, unserem Installateur von den Schönmachern, unserem Elektriker und von mir. Besonders von mir. Denn wie heißt es doch: “Happy wife, happy life”. Also auf zur Rohinstallation.
In Sachen Elektrik kam es zur nächsten Sternstunde der Bauherrin. Monate hatte sie schon geplant. Und umgeplant. Jede Steckdose konnte sie jetzt diskutieren, jeden Schalter beratschlagen und jede Lampe positionieren. Alles hatte sie im Kopf. Und jede fachliche Anmerkung von Herrn Diehl konnte sie parieren. Großes Kino. Ich brauchte nur an den richtigen Stellen zu nicken. Schwierig war nur, die richtigen Stellen zu erkennen.
Ok. Das war jetzt etwas geschwindelt. Ich durfte nämlich auch was festlegen. Z.B. dass in unser Wohnzimmer wenigstens einen LAN-Anschluss gelegt werde. Zwar sehr versteckt. Über den Küchenschränken. Aber passend für einen WLAN-Repeater in den Garten hinaus. Oder dass in mein Zimmer zwei LAN-Anschlüsse geführt würden. Samt zweier Extrastromkreise für meine Computer. Zusätzlich. Endlich Schluss Kabelwirrwar und Steckdosentürmen unter dem Schreibtisch. Und endlich die Gewissheit, unsere Bandbreite richtig ausnutzen zu können.
Sonst jedoch käme kein weiteres LAN-Kabel irgendwohin! Meinte die Baufrau. WLAN reiche völlig. Also auch kein LAN-Anschluss im Bad. Da säße ich ja so schon lange genug. Mit meinem Schachhandy. Und auch kein LAN-Anschluss in die anderen Zimmer. Bräuchten wir nicht. Oder sei es bei uns bisher schon mal irgendwann irgendwo eng geworden? Wenn wir was streamten, säßen wir doch eh gemeinsam auf dem Sofa. Und da werde es aus anderen Gründen eng. Also kein weiteres LAN-Kabel!! Nix da. Das Geld dafür gäben wir lieber für Lampen aus. Sie habe da so die eine oder andere Idee.
Über den Sommer waren diese Ideen gekommen. Und gegangen. Wieder zurückgekommen. Und zuletzt als Lösung geblieben. Ganz ohne Lichtberatung: Fünf Hängelampen aus der Lampenwelt sollten im Wohnzimmer den Fokus bilden. Als Ensemble. Dazu ein paar streichbare Wandlampen. Und in den Zimmern nähmen wir die, die wir eh schon hätten. Allerdings müsse unser Licht-Ensemble wirklich genau mittig sitzen. Andererseits dürfe es auch nicht zu weit in den Bereich der Küchenblocklampe ragen. Hatte ich schon gesagt, dass das alles an der Dachschräge umgesetzt werden sollte? In ihrer Not zeichneten unsere Elektriker die Positionen auf einem Brett vor und projizierten die Positionen von da ans Dach. Toll. Ich konnte mich wieder entspannen.
Das konnte ich in Sachen Elektrik überhaupt. So sauber arbeitete die Firma Diehl, so abgezirkelt ging sie durch die Balken, und so gerade verlegte sie die Kabel in den Räumen. Kein husch, husch. Sodern bedächtig und genau. Trotz der Komplexität unserer Wünsche. Auch S&G‑Projektbau war begeistert. Am meisten hat mich beeindruckt, wie geduldig Herr Diehl auf uns einging. Und wie oft er uns über seinen Tellerrand hinaus beraten hat: Wie groß muss der Schaltkasten wirklich sein? Wo kommt er am besten hin, wenn schon da schon der Wärmespeicher steht? Und was sei überhaupt mit dem Festnetztelefon?
Zuletzt endete die Elektro-Rohinstallation, wie sie begonnen hatte: Die Baufrau hatte immernoch jedes Detail im Kopf. Und ging mit unserem Elektriker alles der Reihe nach ab. Auswendig. Ich konnte wieder nur staunend hinterher dackeln — was wir beschenkten Ehemänner ja gerne tun.
Bei der Sanitär-Rohinstallation gab es allerdings eine kleine Verwerfung. Denn das Waschbecken müsse nun doch an die andere Seite, meinte Herr Hartel von den Schönmachern. Und die Leitungen könnten deshalb auch nicht in die Wand. Wir bräuchten also auch hier eine Vorwand. Da musste die Baufrau da schon einiges wegatmen. Ihr Bad sei ja eh klein geplant worden. Deshalb ja auch die 3/4‑Wanne. Aber ok. Wenn nur die Vorwand so niedrig werde, dass sie den Spiegel ihrer Größe entsprechend aufhängen könne.
Was soll ich sagen: Die nächsten Tage sehen wir uns das Ergebnis an. Die Rohre waren gleich hoch verlegt. Das hätte eine durchgehende Vorwand ergeben. Im Spiegel darüber hätte die Frau bestenfalls ihren Haaransatz gesehen. Dass hätten wir doch anders besprochen, textete die Baufrau an die Schönmacher. Und bekam eine knappe Antwort: “Stimmt. Ändern wir.” Eine sehr gute Antwort. Auch vom Stil her. Trotzdem — so die Baufrau — solle ich beim nächsten Besuch auf der Baustelle Herrn Hartel von den Schönmachern direkt bitten, er möge die Baufrau anrufen.
Hab’ ich auch getan. Vielleicht etwas wortreicher. Jedenfalls sah mir Herr Hartel dabei geduldig tief in die Augen. Um schließlich zu grinsen: “Schon erledigt”. Das war es auch. Und zwar perfekt. Wie das telefonische synchrone Nachmessen bestätigte. Wir haben mit den Gewerken und Handwerkern einfach Glück. Durchweg.
Tja — und dann ging es um ‘Sauberkeit’: Wo gehobelt wird, fallen schließlich Späne, wo gesägt und gebohrt wird, Sägemehl, wo geraucht wird, Asche. Und das Gemisch verteilt sich. Auch um die leeren Flaschen herum.
Ausgerechnet der sonst gar nicht so pingelige Bauherr bekam nun Fantasien. Was, wenn das alles einfach mit dem Estrich einbetoniert würde? Wollten wir dauernd das Gefühl haben, auf so einem Schmuddelkram zu leben? Die Baufrau musste mehrfach sagen ‘Ruhig, Brauner, ganz ruhig’.
Wirklich beruhigen, konnten uns dann S&G: Sie würden als nächstes schon mal Dämmungen in die Wäne eingefügt, einige Wandplatten anbringen und dann eh alles mit einem Industriesauger reinigen, bevor die Bodendämmung und darauf die Bodenheizung verlegt würde. Gesagt, getan, perfekt. Noch ‘mal großes Kino. Und der Bauherr konnte zwei Dinge mitnehmen: Zum einen sagten seine Fantasien eher etwas über ihn selbst aus. Und zum anderen werden Heinzungschläuche auf die Fußbodendämmung getackert. Zack. Zack.
So kam zuletzt doch recht bald die Stunde des Estrichs:
Und in welchem Zusammenhang …
.. steht das mit unserem kommenden Dorfleben in ‘Lovely Altenkirchen’? Nun, zuerst mussten wir unser Grundstück vorbereiten, dann das Schotterbett für die Bodenplatte, um darauf den Holzrohbau und den Dachstuhl zu setzen, um danach die Fenster einzubauen, die Fassade anzubringen und das Innen auszubauen, erst roh, dann trocken, dann fein — mit Anschluss ans Gemeindenetz. Denn es sollte eine schöne, eine und naturnahe neue Wohnstatt werden. Eingebettet in einen Permakulturgarten. Um zügig unser Ziel zu verwirklichen. Unseren Wunsch nach einem etwas friedfertigeren Zusammenleben in und mit einer dörflichen Natur — eben der von Hohenahr-Altenkirchen.
Im Übrigen: Männer sind mitgemeint.